Die Ereignisse überschlagen sich.

Liebe Leserinnen und Leser, die Ereignisse überschlagen sich. Ch. Beyer ist aber nicht der Lage dem hohen Tempo Schritt zu halten. Klar, wäre er bei Insta oder Twitter könnte er der Zeit vielleicht vorauseilen. Doch er genießt das langsame bloggen. Da bleibt zumindest ein wenig Zeit, sich vor dem Schreiben und veröffentlichen Gedanken zu machen. Das würde dem ein oder anderen Politiker gewiss auch nicht schaden.

Aufgrund der Langsamkeit des Bloggens bleibt für Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Spannung hoch. Ch. Beyer kann Ihnen zurecht diesen und auch die nächsten Blogbeiträge schmackhaft machen.

Um den aktuellen Beitrag vollends zu verstehen, muss Ch. Beyer zunächst seine packliste publik machen. Keine Sorge, er wird nicht in die nitty gritty des bikepackings verfallen, sondern eine komprimierte Version veröffentlichen. Das ist lohnenswert, den es wird die folgenden Schilderungen verständlicher machen:

  • Fahrrad mit Beleuchtung und Navigation
  • Werkzeug und Ersatzteile
  • Radklamotten, Weste
  • Regenklamotten
  • Fürs Camping Unterhose, lange Hose, Longshirt, Mütze, Handschuhe
  • Zahnbürste und Zahnpasta, Klopapier
  • Bargeld, Personalausweis, Giro und Kreditkarte
  • Smartphone, Powerbank, Ladekabel
  • Fahrradschloss
  • Kleiner Rucksack

Für den folgenden Schilderungen müssen außerdem davon ausgehen, dass beim Diebstahl des Rades bis auf Rucksack mit Kreditkarte, die Hälfte der Bargeldes und dem Smartphone alles am Rad war. Mit dem Diebstahl blieb Ch. Beyer also genau so viel sowie die Radklamotten und Radschuhe, in denen er schon seit der Anreise, also drei Tage steckte, sowie sein Fahrradhelm. Viel blieb ihm also nicht!

Zwei Tage nach dem Diebstahl und einem Tag nach der Anzeige bei der Polizei trat Ch. Beyer seine Rückreise an. Nun war er schon fünf Tage in den gleichen Radklamotten, wovon er circa zehn Stunden ordentlich Rad fuhr und prächtig schwitzte. Den Rest können Sie sich denken, liebe Leserinnen und Leser. Die Wäsche der Radklamotten unter der Dusche konnte die Geruchsbelästigung für Mitmenschen und Mitreisenden nur notdürftig lindern.

Die Radschuhe erwiesen sich ebenfalls als nur eingeschränkt reisetauglich. Die steife  Carbonsohle und die harten Cleats ließen Ch. Beyer gelegentlich über die Bahnhofsfliesen schlittern. Mögliche Stadtbummel im Rahmen einer möglichen Zwischenstation auf der Rückreise erschienen wenig attraktiv.

Irgendwie musste Ch. Beyer dennoch aus dem beschaulichen Pigna zurück in die Erlanger Heimat: irgendwann musste er ja auch einmal wieder Zähne putzen! Die Optionen für die Rückreise waren vielfältig, wenn auch alle nicht sonderlich attraktiv. Sollte er versuchen an einem Tag zurück zu fahren, oder lieber an zwei, mit Bahn, Bus oder Flugzeug, mit der Bahn über die Gotthard- oder über die Brenner-Route.

Letztendlich entschied sich für die Rückreise an einem Tag, nachdem Fiorella ihm das Zimmer in Pigna für einen weiteren Tag unentgeltlich anbot, auch wenn ihm das Risiko für ein Scheitern des Rückreiseprojekts dadurch deutlich erhöht war. Nicht nur die Deutsche Bahn ist notorisch unpünktlich, sondern auch Trenitalia. Und über das Bahnwunderland Schweiz ergaben sich leider keine vernünftigen Verbindungen. Die Flixbusverbindungen waren ebensowenig attraktiv und beim Fliegen hätte Ch. Beyer  vermutlich neue Reisedokumente über die Botschaft beantragen müssen. Also 1. Tag, Bahn und Brenner.

Konkret ging es an einem Montag um 7:00 Uhr zunächst mit dem Bus von Pigna nach Ventimiglia. Ch. Beyer hatte Zugtickets von Ventimiglia bis nach Verona gebucht, in der Hoffnung, den letzten EuroCity Richtung Deutschland zu bekommen. Da die italienischen Intercities von Ventimiglia nach Verona komplett ausgebucht waren, musste er auf Regionalzüge zurückgreifen, nämlich von Ventimiglia nach Genua, von Genua, nach Mailand und von Mailand nach Verona. Liebe Leserinnen und Leser, Sie ahnen es: Viele Umstiege bedeuten viele Fallstricke: Schon der erste Regionalzug hatte Verspätung, konnte diese aber wieder herein fahren. Der zweite Regionalzug startete eine halbe Stunde später und machte keine Zeit gut. Damit war die Umsteigezeit von 13 Minuten in Mailand geknackt.

Ch. Beyer versuchte kurzfristig mit der Buchung eines Schnellzug von Mailand nach Verona Boden gutzumachen. Das wäre ihm fast gelungen, hätte er genauer auf die Tickets geguckt: Der Regionalzug kam am Bahnhof Garibaldi an, der Schnellzug fuhr in Mailand Centrale los. Sieben Minuten Umstiegszeit waren dann zu kurz, auch wenn die beiden Bahnhöfe nur zwei U-Bahn-Stationen voneinander entfernt liegen. Da machte es auch nichts mehr aus, dass Ch. Beyer mit der U-Bahn zunächst in die falsche Richtung fuhr und in seinen Radschuhen über die Bahnhöfe schlitterte anstatt zu rennen. Dieses Rennen war von Anfang an verloren!

Ch. Beyer musste also den nächsten Regionalzug von Mailand nach Verona nehmen und hoffen, dass der EuroCity in Verona Verspätung hatte. Man sollte sich doch zumindest auf die Verspätungen der Deutschen Bahn und Trenitalia verlassen können! Und tatsächlich hatte der Eurocity Verspätung, doch nicht ausreichend: Aus Abfahrtszeit 17:01 Uhr wurde Abfahrtszeit 17:06 Uhr. Ch. Beyer kam mit dem Regionalzug von Mailand planmäßig um 17:17 Uhr in Verona an. Die Heimreise in einem Tag war also gescheitert.

Danach ging das Buchungkarussell weiter. Der DB Navigator zeigte Züge an, die TrenItalia nicht kannte, obwohl sie von der italienischen Bahngesellschaft wohl betrieben würden. Ch. Beyer war sich daher unsicher, ob er Rast in Verona machen sollte oder das Risiko eingehen könnte, ein Ticket für die „nicht existierenden“ italienischen Züge zu buchen.

Während die Zugverbindungen auf der Trenitalia Webpage nicht angezeigt wurden, so war sie zumindest auch im Aushang am Bahnhof zu finden. Ch. Beyer hatte keine Lust auf einen Spaziergang durch Verona in stinkenden Radklamotten und unbequemen Radschuhen. Also überlegte er, wie weit er am selbigen Tag noch kommen konnte: Innsbruck bot sich an, aber auch Kufstein war eine Option. Hier wäre Ch. Beyer jedoch erst nach Mitternacht angekommen, und alle Hotels in Kufstein hatten zu dieser Zeit den Bordstein schon hoch geklappt. Daher fiel die Wahl auf Innsbruck.

Jetzt galt es nur noch eine grobe Kostenaufstellung zu machen, um sich nicht finanziell noch mehr zu ruinieren. Die Unterkünfte in Innsbruck waren ähnlich teuer wie in Verona. Und die Einzeltickets von Verona über Bozen nach Innsbruck und von Innsbruck nach Erlangen waren sogar günstiger, als das EuroCity Ticket am Folgetag. Von daher besorgte sich Ch. Beyer noch ein sündhaft tolles Abendessen am Bahnhof von Verona und schlitterte dann zum Zug nach Bozen.

Ganz unabhängig von den Herausforderungen des Transportes, gab es noch ein weiteres, zentrales Problem: Ohne Mobiltelefon ist der moderne Mensch quasi nackert! Es ist Telefon, Webbrowser, Alleinunterhalter, Navigationssystem und gar Zahlungsmittel! Das ist auch Ch. Beyer glasklar, so dass er das Mobiltelefon nie am Rad lässt und auch dieses Mal keine Ausnahme machte. Hingegen waren aber beide Ladekabel am Fahrrad.

Daher kam schnell die große Frage auf, wie lang das Telefon gerade auch bei intensiven Recherchen zu Dienstahl in Italien und zu Reiseoptionen in die Heimat durchhalten würde. Zum Glück hatte auch Fiorella, die Ch. Beyer das Zimmer vermachte, hier Abhilfe geleistet. Ein fast defektes Kabel war mit einem kleinen Hack (Visitenkarte zwischen Stecker und Mobiltelefon geklemmt) noch funktionstüchtig.

Solange Ch. Beyer in Pigna war, gab es also eine Lösung. Für die Rückreise bestand das Ladeproblem aber wieder. Ch. Beyer suchte daher nach Elektronikläden in Ventimiglia. Pigna selbst war hierfür viel zu klein. Tatsächlich wurde auch fündig und nutzte die erste Umstiegszeit auf der Rückreise. Die Italiener öffneten den kleinen Handyladen pünktlich fünf Minuten nach der Öffnungszeit um neun.

Nachdem die Besitzer alles aufgebaut und den Boden gekehrt hatten, machten sie auf die Suche nach einem Ladekabel für Ch. Beyer. Aus verschiedenen Ecken kramten sie einen Stecker und ein Ladekabel. Und was passierte dann: Stecker in Steckdose, Ladekabel in Stecker, Ladekabel ans Smartphone und… das Smartphone lud nicht. Also suchten sie nach einem neuen Ladekabel was tatsächlich dann lud. Ch. Beyer vermutete ja, dass Stecker und Ladekabel nicht gut adaptierten und hieraus das Ladeproblem entstand. Das Andocken mit den neuen Ladekabel an den alten Stecker war auch mäßig. Deswegen bekam  Ch. Beyer im Zug große Sorgen, dass das Problem im Laden nur kurzfristig gelöst war. Denn im ersten Zug lud das Mobiltelefon nicht, auch nicht an verschiedenen Steckdosen, und im zweiten Zug auch nicht! Dabei hatte Ch. Beyer einen unverschämten touristenpreis von 20 € für Stecker und Kabel bezahlt.

Erst als die Italiener über ihre verspäteten Züge und nicht funktionierende Technik lauthals beschwerten, schöpft Ch. Beyer wieder Hoffnung. Im dritten Zug fand sich dann tatsächlich eine funktionierende Steckdose und Ch. Beyer konnte den Flug- und Stromsparmodus wieder abschalten und weitere Recherchen für die Rückreise betreiben.

Noch ist die Rückreise noch nicht zu Ende. Ch. Beyer sitzt im Zug von Verona nach Bozen. Neue Überraschungen drohen. Ch. Beyer ist nun unheimlich dünnhäutig geworden. Es könnte natürlich auch daran liegen, dass er auf der Reise nicht genügend zum Essen bekommen hat. Den Zustand von „hangry“ kennt ihr eigentlich nur von der Göttergattin.

Noch einige nachträgliche Gefanken:

Der  DB Navigator ist ja schön übersichtlich. Sein Inneres ist aber undurchschaubar. Wenn man alle Verkehrsmittel auswählt, dann bekommt man von Italien nach Deutschland, genauer von Verona nach München, nur die EuroCity Züge und die Nachtzüge angeboten. Wenn man nur Regionalzüge auswählt, dann fährt man mit italienischen Schnellzug bis nach Bozen und danach weiter Regional bis Innsbruck.

Diese Verbindungen kennt vermutlich die Trenit Webpage wiederum nicht, da es evtl nicht nach Österreich planen kann, außer bei EuroCity und Nachtzügen.

Die Buchung im DB Navigator für die Strecke Verona nach Innsbruck bot auch noch einige weitere Überraschungen. Das italienische Ticket von Verona nach Bozen bekam Ch. Beyer per Email zugesandt. Beim genauen hinsehen bemerkte er, dass dieses Ticket aber nicht die Strecke Bozen bis Innsbruck beinhaltete, auch wenn Ch. Beyer im DB Navigator von Verona bis Innsbruck gebucht hatte. Ch. Beyer entwickelte wieder Schweißausbrüche. Erst auf den dritten Blick zeigte sich, dass in der E-Mail noch ein Link zur ÖBB war, wo sich Ch. Beyer dann das Ticket bis Innsbruck herunterladen konnte.

Wie Ch. Beyer das ohne Mobiltelefon oder mit begrenzten Akku hätte meistern sollen bleibt ihm völlig unklar. Vielleicht regelt in Zukunft die KI alles und das Reisen wird tatsächlich wieder einfacher, die Hoffnung stirbt zuletzt.

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