Hungersnot in Süditalien: Sizilianern geht die Pasta aus!

Odysseus musste dem Zyklopen Polyphem erst Wein einflößen, um ihm das Auge auszubrennen und von der Insel des Zyklopen, Sizilien, zu fliehen. Und da der Polyphem auch nicht irgendwer war, sondern der Sohn des Meeresgottes Poseidon, wurde Odysseus für seine Schandtat zugleich einige Jahre auf Abenteuerreise geschickt, so dass seine Frau Helena voller Ungewissheit etliche Jahre auf ihn warten musste.

Im modernen Sizilien spielt sich die Odyssee wie zu erwarten anders ab: Der moderne Sizilianer von der Statur des Polyphems ist Basketballer und lenkt sich an seinem Smartphone gleich selbst ab. Da bleibt der gute Wein beim Helden. Der moderne Held wiederum trachtet auch nicht nach dem körperlichen Wohl des modernen Sizilianers großer Statur. Nein, seine einzige Bestrebung ist es, den zu einem Achtel angebrochenen Teller Pasta zu stibitzen. Es soll schließlich auch nichts verkommen! Poseidon, übrigens, ist schon seit Jahren abgemeldet. Und die schöne Helena? An Ungewissheit leidet sie gewiss nicht mehr. Im Gegenteil! Voller moderner elektronischer Kontrolle kann sie den Helden schon frühzeitig von seiner Abenteuerreise nach Hause beordern.

Der aufmerksame Leser wird Ch. Beyers Wehmut in den vorausgehenden Zeilen durchaus bemerkt haben: Wo bleiben Abenteuer, Ungewissheit und Leid in unserer modernen Zeit? Oder wie es Michael Mittermeier zu seinen besten Zeiten formuliert hat: „Im deutschen Fernsehen wird auch nicht mehr richtig gestorben. Da heißt es in GZSZ: „Du Heiko, ich glaube, ich sterbe jetzt bald.““

Aber gut, das führt zu weit und ein wenig Dramatik bot die Sizilien-Reise der Erlanger Radfreunde Z.G., L.S., P.S., K.B. und Ch. Beyer schon. Nein, nicht die vier Platten und die kaputte Fahrradpumpe. Nein, auch nicht die bissigen Hunde. Und nein, auch nicht die Erfrierungen ersten Grades nach der Abfahrt vom Ätna lösten große Beunruhigung bei Ch. Beyer aus. Nein, nein. Sorgen machte er sich, um seine sizilianischen Gastgeber.

Nachdem die Sizilianer erst kürzlich schwere Unwetter mit Überschwemmungen zu überstehen hatten, drohte neues Unheil in Form einer Hungersnot: Die Pasticcerias klagten über Plünderung nahezu aller Cannolis, den Pizzerias gingen die Pizzas aus und die Obst- und Gemüsebuden klagten über erhebliche Ausverkäufe von Oliven und Guaves. Nahezu gleichzeitig berichteten die einheimischen Zeitungen, dass in den Orten Terrassini, Carleone, Prizzi, Cefalu, Troina, Taormina, Messina, Capo d’Orlando und Palermo die Kanalisationen kurz vor dem Kollaps standen. Güllefässer zum notfallmäßigen Abtransport menschlicher Exkremente seien von der Regierung bereits zur Verfügung gestellt worden. Und schließlich alarmierten die sizilianischen Meterologen die Bevölkerung, dass sich das Ozonloch über dem nördlichen Teil der Insel drastisch ausgedünnt hätte, was auf eine sprunghaft gestiegene CO2-Emission zurückzuführen gewesen sei. Aufgrund der hohen UV-Last empfahlen sie, die Häuser am Besten nicht mehr zu verlassen.

Analog zum Phänomen des „El Ninos“ im Südpazifik, proklamierten italienische Forscher bereits das Phänomen „Il Bambino“. Wissenschaftlich scheinen die Ursachen noch nicht endgültig geklärt zu sein. Es wurde vermutet, dass eine rasch zunehmende Zahl Rindviecher auf Sizilien in Zusammenhang mit „Il Bambino“ stehen könnte. Die Zeitungen munkelten, dass die Cosa Nostra ihre Finger im Spiel hätte, aber harte Indizien ließen sich bislang nicht gewinnen. Ungewöhnlich scheint in diesem Zusammenhang, dass das Phänomen seit wenigen Tagen wieder abblasst.

Ch. Beyer wundert dabei rein gar nichts, zumindest unter ökonomischer und ökologischer Betrachtung. Die Biologie hat ihn hingegen wieder einmal verblüfft. Es gibt ihm immer wieder ein Rätsel auf, wie ein Radfahrer bei einem Energieumsatz von 5000 kcal pro Tag geschätzte 25000 kcal pro Tag zu sich nehmen kann, ohne seine äußere Form zu verändern. Wenn der Radler dann nicht schon in die Breite ginge, dann müsste er doch die Größe des Polyphems erlangen. Doch L.S., P.S. und K.B. behielten ihre normale Körpergröße bei. Ansonsten hätten sie auf dem Rückflug in der irischen Aldi-Airline auch gar keine Chance gehabt, in einen der Kindersitze zu passen. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.

Wie dem auch sei: In Sizilien scheint nach vielen Katastrophen endlich wieder Ruhe einzukehren. Ch. Beyer wünscht dem freundlichen Völkchen, von dem er demnächst nochmals berichten wird, eine wohl verdiente, besinnliche Vorweihnachtszeit.

 

2 Comments

  1. Don Horsto

    Der Bericht ist literarisch ein Genuss. Bei den Bildern frag ich mich allerdings ob ihr da wirklich auch mit dem Rad unterwegs gewesen seid. Sehe quasi nur Bilder wo ihr am fressn oder rumgammeln seid!

  2. Siglinde-Muddi

    Da muss ich dem Don Horsto wohl recht geben keine Bilder von irgendwelchen Ausfahrten mit dem Rad oder vielleicht der sizilianischen Landschaft, tatsächlich nur Photos von Essensaufnahme.
    Hoffe da komm nocht was !
    Muddi

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