Appetit und Hunger.

Wer einmal zu viel Erdbeerkuchen mit Sahne gegessen hat, weiß wie das ist. Zuerst sind da Appetit und Hunger. Der Hunger geht mit jedem Stück, der Appetit bleibt. Der Appetit bleibt und Völlegefühl setzt ein. Nun Absprung schaffen! Der Appetit bleibt, das Völlegefühl nimmt zu und man glaubt gleich platzen zu müssen. Wer jetzt den Absprung nicht schafft! Der Appetit, ja auch er, lässt langsam nach und Übelkeit tritt auf. Der Übelkeit folgen Erbrechen, Ekel und erneut – Appetit.

Die Dosis macht das Gift und die Mass ist in Bayern das Maß für Mäßigung. Doch wenn es schon die gebildeten Römer nicht hinbekommen haben, wie sollen es die Franken und Bayern schaffen? Wann wird Genug Zuviel?

Jetzt könnte man beginnen zu relativieren und zu diskutieren, dass das Zuviel von Tagesform und individuellen Faktoren abhängt. Der eine Bayer verträgt drei Mass Bier, der Andere Fünf und wieder ein Anderer gar sieben, bevor die Blase so voll ist, dass er aufs Toilettenhäuschen laufen muss. Wenn alle gleich wären, ließe es sich ja gesetzlich vorschreiben, dass der Durchschnittsbayer vierkommadrei Mass Bier trinken darf. Alles darüber hinaus würde von der Bierpolizei kontrolliert und sanktioniert werden. Denn langfristiger Druck auf der Blase kann zur Ausbildung der muskulösen Balkenblase führen. Nun gut, dieser Zusammenhang ist eigentlich für die vergrößerte Prostata beschrieben, aber es sei hier postuliert, dass es auch für den regelmäßigen Bierkonsum gilt.

Nun wird die Betrachtung noch komplizierter: Denn alleine die Dosis macht nicht das Gift, sondern das Dosis-Zeit-Integral. Jawohl, Integral! Bei Fragen wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an Leserin E. Schmidt, aber beeilen Sie sich, denn sie versucht den Absprung vom gelobten Land mit Schweinshaxe und Bier ins kulinarische Nirvana zu Haggis, Fish and Chips zu schaffen. Ja, man erinnere sich an Siddharta: Es wird wohl für den persönlichen Weg nötig sein.

Jedenfalls zurück zum Dosis-Zeit-Integral: Der Gedanke ist, dass ein bisschen Bier pro Stunde, also vielleicht eine halbe Mass, also ein Seidla, bei ausreichend hoher Umgebungstemperatur nicht unbedingt zum Anstieg des Füllungsvolumens der Blase führt. Ja richtig, aufgrund der Perspiration! Das bedeutet wiederum für den Sieben-Mass-Trinker, dass das ein vierzehnstündiger Aufenthalt im Bierzelt werden würde. Doch, es bliebe ausreichend Zeit, sich um sein weiteres Wohl zu kümmern: Schäuferla, Kniederla und Schnupf-Tabak. Und der Geübte mag gar zur Volksmusik ein wenig Schuhplatteln. Aber nicht in Franken. Da wird sinniert!

Das Dosis-Zeit-Integral macht also das Gift. Die richtige Dosis in einer angemessen Zeit führt zu Genuss, darüber hinaus kommt es zur Unverträglichkeit.

Beim Bikepacking – aha, dem listigen Leser war es von Anfang an klar! – bestimmt auch das Dosis-Zeit-Integral über Genuss und Unverträglichkeit. Und richtig, der eine verträgt 100 Kilometer am Tag, der Nächste 200 und der Dritte 300. Und doch, irgendwann, nehmen bei hohen Dosis-Zeit-Integralen die Unannehmlichkeiten zu, auch wenn einen der Appetit weiter treibt.

Bei Ch. Beyer war es beim Taunus-Bikepacking am vergangenen Wochenende hart an der Grenze. Es ging sich gerade noch aus: Der Genuss behielt die Überhand. Und glücklicherweise wurde keines der ABCDE-Probleme hinreichend prominent, auch nicht das wohl definierte A-Problem.

Doch wer liest schon gerne über Probleme. Die letzten Beiträge haben diese zu Genüge erörtert. Vielmehr möchte sich Ch. Beyer noch ein wenig den Genüssen des Taunus-Bikepackings widmen und dem ein oder anderen Leser Appetit machen. Nur aufgemerkt, die Interessenten sollten sich lieber an einen der „Genuss“-Bikepacker des Taunus-Bikepacking orientieren, die die Strecke in straffer Zeit absolvieren, aber noch etwas Zeit für die Ereignisse links und rechts am Wegesrand haben. Ein Modus den Ch. Beyer allzu gern einschaltet, auch wenn der Schalter am Wochenende geklemmt hat.

Der Weg ist das Highlight. Und der Weg, den Jesko von Werthern für das Taunus-Bikepacking ausgetüftelt hat, war grandios. Achthundertkilometer über Wiesen und Felder, durch Wälder und vorbei an Seen. Schlösser, Burgen und Nervenanstalten. Städte, Dörfer und Käffer. Es war alles dabei. Ganz gerne erinnert sich Ch. Beyer an die Fahrt durch Rüdesheim und hinauf auf die Weinberge mit Blick auf den Rhein, sowie auch die Strecken im und um das Lahntal. Wetzlar mit der Firmenzentrale von Leica war großartig. Und der Hochtaunus mit seinen wunderbaren Wäldern sowie die langen Anstiegen war Ch. Beyers persönliches Highlight. Den Feldberg hinauf, nach bereits 760 gefahrenen Kilometer, kam dann nochmals Stimmung auf, so dass sich ein „all out“ nicht vermeiden ließ. Ch. Beyer bedankt sich an dieser Stelle herzlich bei dem E-Bike-Fahrer, der den schwitzenden und keuchenden Bikepacker erst überholen ließ und ihm dann Sicherheitsabstand gewährte. Nun gut, vielleicht war es auch der Geruch nach zwei Tagen fast kontinuierlichen Fahrens, der den Abstand sicher stellte.

Die Versorgungslage an der Rute war übrigens ausgezeichnet. Der Taunus ist dichter besiedelt als zum Beispiel der Frankenwald – die Bikepacking Franconia wird hier durchaus nochmals anders! – und die Streckenwahl Jeskos war so geschickt, dass die Fahrer nicht ohne Supermarkt- oder Tankstellenkontakt die Orte verließen. Vom Hören-Sagen soll es gar Wirtshäuser und Pensionen in den Orten gegeben haben.

Allein gelassen hat sich Ch. Beyer nie gefühlt. Jesko hat mit den eifrigen Fotografen Richard und Ryan die Fahrer immer wieder abgepasst. Es blieb Zeit für ein Pläuschchen, oder nicht, und die Zuhausegebliebenen konnten virtuelle Eindrücke über die Genüsse und Unannehmlichkeiten erlangen.

Und nachts gab sich das Taunus-Wildlife größte Mühe die Bikepacker zu unterhalten. Ein wenig nervtötend waren die Kamikaze-Hasen, Füchse und Dachse manchmal schon. Erst liefen sie einem vors Vorderrad, so dass die Fahrgeschwindigkeit drastisch reduziert werden musste, und dann waren sie so dreist, dass sie vor einem her rannten und den Abgang nach links und rechts vom Weg schier nicht finden wollten. Wirkten die Hasen noch getrieben und schlugen Hacken links und rechts, so trabten die Dachse scheinbar uninteressiert vor dem Radfahrer her. Oft hunderte Meter weit, ehe sie abbogen.

Dieses Wildlife und die mehr oder weniger domnestizierten Hunde und ihre Besitzer führten übrigens dazu, dass Ch. Beyer auf den 800 Kilometern durch den Taunus einen Bremssatz verschlissen hat. An den Abfahrten kann es kaum gelegen haben, denn Ch. Beyer versuchte die Bremsen nicht zu betätigen. Das wäre ja Verschwendung der zuvor teuer gewordenen Energie gewesen.

Zuletzt noch ein paar Häppchen, ehe das Völlegefühl der Leserschaft eintreten mag:

  • Jesko hat mit dem lokalen Hotel einen Spezialangebot ausgehandelt. Vergünstigter Preis und Fahrradmitnahme aufs Zimmer! Einfach geil, mit dem Rad im Viersternehotel im Aufzug zu stehen. Ch. Beyer hätte hierfür die Hotelkategorien um einen siebten Stern erweitert und als Kriterium die Fahrradmitnahme aufs Zimmer ausgegeben.
  • Influencer DonHorsto, alias Benno Keller, wusste zu berichten, dass Chuck Norris eine Namensänderung in Erwägung zieht. Er wolle demnächst Christian Norris heißen!
  • Die Friedhöfe im Taunus boten allesamt wunderbar genießbares Wasser: Durchfälle sind bis jetzt nicht aufgetreten und das bei einem Umsatz von 8 bis 10 Liter pro Tag.
  • Auch wenn es schon weiter oben Erwähnung findet: Die Bilder von Richard und Ryan sind grandios. Beide fotografieren bevorzugt Langstreckenradfahrten und sind selbst passionierte Radler. Richard hatte als erste Radfotoprojekt Mike Hall abgelichtet, der große Bruder von Chuck Norris. Die Bilder hier im Blogbeitrag sind mit Handykamera vor oder nach dem Event entstanden. Die grandiosen Fotos gibt es hier: https://www.followmychallenge.com/live/taunusbikepacking/ (Kategorie „Photos“) oder hier: https://www.instagram.com/richmarshallphoto/

Ch. Beyers Appetit nimmt bereits wieder zu. Die ABCDE-Unannehmlichkeiten geraten in Vergessenheit. Nur das A-Problem macht sich noch gelegentlich bemerkbar. Ansonsten steht das nächste Ereignis in Kürze an: http://www.bikepacking-franconia.de/ Dann mit Prof. Janka!

3 Comments

  1. Siglinde-Muddi

    Ich als Mutter, mittlerweile im Seniorenalter,
    kann da nur staunen und mich wundern,
    welche ungeahnten Kräfte da freigesetzt werden.
    Haben die Muttermilch und der Vollkorngetreidebrei anscheinend Früchte getragen.
    Da wird noch einiges auf uns zukommen,
    da bin ich mir ziemlich sicher.

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