Die Musterschüler.

Bloggen ist immer auch Lernen. Ch. Beyer möchte heute einen Punkt machen und holt dazu ein wenig aus. „Nichts Neues!“, denkt sich die Leserschaft und lernt mit.

Eine Analogie möchte Ch. Beyer basteln, eine Analogie zwischen der Kategorisierung von preußischen Offiziersanwärtern und der Kategorisierung von aufstrebenden Radsportlern.

Ein taiwanesischer Doktorand berichtet Ch. Beyer schon vor Jahren, dass ein preußischer General die Offiziersanwärter in vier Gruppen eingeteilt habe. Da gäbe es (1) die Faulen und Dummen, die für die Routineaufgaben gut geeignet seien, (2) die Fleißigen und Intelligenten, die man sehr gerne in Führungsaufgaben sehe, (3) die Faulen und Intelligenten, die sich für die höchsten Führungsaufgaben auszeichnen und (4) die Fleißigen und Dummen, vor denen man sich in Acht nehmen müsse. Das sind diejenigen, die Material und Mensch verschleißen!

Der taiwanesische Doktorand, übrigens, einer von den Faulen und Intelligenten, hatte Jahre zuvor bei einem seiner Professoren gut hingehört und sich diese Weisheit nur allzugern gemerkt.

Für diesen Blog begab sich Ch. Beyer nun ins Welteweitenetz, um mehr Informationen über den genialen General zu finden. Ch. Beyer konnte in seiner Recherche ermitteln, dass dieser Kurt (Curt) Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein-Equord hieß und nicht nur weise, sondern auch eine coole Socke war. Aufgrund seiner Beziehungen zur Sowjetarmee wurde er als der „Rote General“ bezeichnet. Während des Nationalsozialismus war er einer der großen Widerständler innerhalb der Armee. Unter anderem sagte er über „Gefreiten“ Hitler, als dieser noch wenig zu melden hatte: „Sie können völlig sicher sein. Die Reichswehr und ich selber werden uns nie von einem Narren befehlen lassen. Wenn er kommt und darauf besteht, uns Befehle zu geben, werden wir ihn festnehmen lassen.“

Nun, dass es leider anders kam und Hammerstein von den Nazis abgesägt wurde, ist hinlänglich bekannt. Nichtsdestowenigertrotz lohnt sich für die Leserschaft ein kleiner Blick in die Geschichtsbücher oder auf Wikipedia, um etwas mehr über den „Roten General“ zu erfahren. Hier ist übrigens auch jene Aussage zur Kategorisierung der Offiziersanwärter im Wortlaut zu finden:

„Ich unterscheide vier Arten. Es gibt kluge, fleißige, dumme und faule Offiziere. Meist treffen zwei Eigenschaften zusammen. Die einen sind klug und fleißig, die müssen in den Generalstab. Die nächsten sind dumm und faul; sie machen in jeder Armee 90 % aus und sind für Routineaufgaben geeignet. Wer klug ist und gleichzeitig faul, qualifiziert sich für die höchsten Führungsaufgaben, denn er bringt die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen mit. Hüten muss man sich vor dem, der gleichzeitig dumm und fleißig ist; dem darf man keine Verantwortung übertragen, denn er wird immer nur Unheil anrichten.“

Nun, liebe Leserschaft, lassen Sie uns nun den Bogen spannen: General und Offiziersanwärter, Lehrer und Schüler, Trainer und Radfahrer – im Endeffekt ist es doch immer die gleiche Masche.

Auf den Radsport übertragen bedeutet das: Die faulen und talentierten Radsportler, die nur das tun, was ihnen der Trainer aufträgt, werden Weltmeister. Ein wenig anders formuliert es Joel Friel in der Cyclists‘ Training Bible: „When in doubt, leave it out!“ Er meint damit das unnütze Training, das gerne in Übertrainingzustände mündet.

Vor den fleißigen und mehr oder weniger talentierten Radsportlern muss sich der Trainer in Acht nehmen: Diese sind untrainierbar. Die hängen noch 30 Extrakilometer oder 500 Extrahöhenmeter an die vorgegebenen Trainingseinheit dran. Die trainieren bis zur Selbstzerstörung, so dass am nächsten Tag, ach was, in der nächsten Woche kein sinnvolles Training mehr möglich ist.

Nun fördert Sport nachgewiesenermaßen Intelligenz, könnte die Leserschaft einräumen. Es dürfte also keine dummen Radsportler geben. Außerdem dürfte der Radsportler, der sich in seiner Freizeit noch auf den Bock schwingt, per se nicht faul sein. – Das stimmt, diese Einwände sind korrekt! Doch wenn so mancher Radsportler in die Pedale tritt, wird das supraspinale (über dem Rückenmark befindliche) Zentralnervensystem ausgeschaltet. Der „faule“ Radsportler erkennt hingegen seine körperlichen Grenzen und findet gar außersportliche Aktivitäten, um Lücken zwischen den Radeinheiten zu schließen.

Um kurz vor dem Ziel nochmals abzuschweifen, kann Ch. Beyer ganz brandaktuell auf eine GCN-Sendung zur Regeneration mittels Herzfrequenzvariabilität verweisen. Propagiert wird hier ein System namens „Whoop“, was dem rückenmarksgesteuerten Radfahrer helfen soll, Belastung und Regeneration zu steuern. Ob die neue Technik dem fleißigen und dummen Radfahrer hilft, ist offen.

Abschließend richtet Ch. Beyer den Blick auf zwei Musterschüler, die die B3R-Radltour am vergangenen Wochenende nun doch noch hervorbrachte: Zwei angehende Weltmeister quasi, die das gemacht haben, was Ch. Beyer aufgetragen hatte. Die der Versuchung widerstehen konnten, die letzten Spätsommertage dafür zu verwenden, sich für die nächsten Wochen kaputt zu fahren:

Evi und Rolf haben die vorgegebenen 90 Kilometer der B3R-Radltour absolviert und die vorgegebenen Regenerationspausen mit dem empfohlenen Erfrischungsgetränk wahr genommen: Ein Radler am Naturfreundehaus in Veilbronn, eines am Schweizer Keller in Forchheim und eines am Erlanger Entlas Keller.

Für Evi war es die längste Rennradtour Ihres Lebens und Rolf konnte seine Bikepacking-Qualitäten mit exakter Einhaltung des vorgegebenen Tracks und Dokumentation der Checkpoints unter Beweis stellen. Und das Abschlussfoto vom Entlas Keller stellt unter Beweis, dass das Training wohl dosiert war: Richtig frisch wirken die beiden!

Nachtrag: Sollte sich der ein oder andere Radfahrer ob der Kraftausdrücke aus dem vergangenen Jahrhundert auf den Schlips getreten fühlen, so bitte Ch. Beyer um Entschuldigung. Schließlich gilt: We see in others what we carry in our hearts.

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