Rough Stuff in the Alpes nach Fred Wright – Zumindest ein bisschen!

Vom Rheumatologen zum Infologen zum Infektiologen und wieder zum Infologen: Ch. Beyer legte zur Prüfungsvorbereitung bei der „Blaek“, was für die Bayerische Landesärztekammer steht und tatsächlich nicht vom bayerischen Begriff des „Bläkens“ abgeleitet wird, eine kleine kreative Pause ein. Nun ist er zurück und hofft vom Handwerk der Infologie nicht allzu viel verlernt zu haben. Doch was soll’s, liebe Leser: „Man muss Inhalte überwinden. Allein ist es wichtig, dass man sympathisch rüber kommt.“ Diese Lebensweisheit ist nicht abgekupfert, sondern nur von Martin Sonneborn von der Partei Die Partei ausgeliehen. Deswegen hier die äußerst empfehlenswerte Quellangabe: Martin Sonneborn (DIE PARTEI) im Interview – KLIPP & KLAR – RBB – YouTube

Ch. Beyer hätte in den vergangenen Monaten durchaus viel zum Schreiben gehabt und hofft, das ein oder andere Versäumnis nachholen zu können. Zumindest möchte er noch seine Erlebnisse vom Tuscany Trail 2022 auf radness.de verarbeiten und verewigen. Doch wichtiger ist es ihm, zunächst über die aktuellen Geschehnisse zu berichten.

Hierzu sollte der Leser wissen, dass der Janka nicht gerne zu Fuß geht, zumindest solange er sein Velo dabei hat. Das durfte Ch. Beyer schon vor wenigen Jahren am Fränkischen Gebirgsweg erleben. Dabei wäre der gesundheitliche Aspekt nicht zu verachten: Um der Monotonie des stetigen Tretens zu entkommen, böten sich doch sogenannte Hike a Bike-Sektionen hervorragend an. Doch gut, dass Geschiebe und Gezerre des Velos ist nicht jedermanns Sache, zumal man sich doch die blöd abstehenden Pedale beim Gehen mit dem Velo allzu gerne in die Hacken rammt. 

Der Janka geht aber nicht nur ungern zu Fuß, sondern er mag auch nicht essen, wenn er mit dem Velo unterwegs ist. Hier wiederum endet jegliches Verständnis Ch. Beyers, denn es gibt doch kaum etwas Schöneres, sich mit den lokalen Leckereien auf den Bikepacking-Touren den Magen vollzuschlagen, und das ohne schlechtes Gewissen und ohne Nebenwirkungen im Sinne einer unerwünschten Körperumgestaltung. Einmal mehr bestätigen Ausnahmen die Regel: L. Schmidt und P. Stadter gelange es vor einigen Jahren auf einer zweiwöchigen Radreise durch die Türkei je fünf Kilogramm Körpermasse zuzulegen: Das muss tatsächlich eine wahre Fressleistung gewesen sein! 

Die beiden Vorannahmen, dass der Janka nicht schiebt und, dass der Janka nicht isst, wenn er das Velo dabei hat, bestimmten das aktuellen Alpenabenteuer Ch. Beyers. Und, um das gleich vorwegzunehmen, den Janka hat er trotz seiner Limitationen sehr gerne mitgenommen, den am Ende des Tages ist er ein ganz schön harter Hund, der nicht klein zu kriegen ist. Also genau der richtige Kompagnon für anstrengende und bisweilen unangenehme Unterfangen. 

Schon seit 2018 hatte Ch. Beyer die von James Olson ausgekundschaftete Rally Torino-Nice auf dem Schirm. Inspiriert wurde James Olson übrigens von einem gewissen Fred Wright, der seinen Stahl-Hobel mit dünnen Reifen nicht nur asphaltierte und geschotterte Alpenpässe hinauffuhr, sondern ihn auch über Schneefelder trug und an Stahlleitern schulterte. Nach der Bikepacking Trans Germany, hinderte ein A-Problem Ch. Beyer daran, noch im selben Jahr aufzubrechen, um die Route durch die italienisch-französischen Alpengrenzregion unter die Räder zu nehmen. Auch die folgenden Jahre ergaben keine Möglichkeit, sich dieser Perle des Radsports zu widmen, bis sich schließlich in diesem Jahr die Lücke fand. 

Ch. Beyer hatte im Freundeskreis ordentlich die Werbetrommel gerührt, doch am Ende des Tages gab es nur zwei Interessenten: Den Janka und den Rudi, beides zwei alte Haudegen. Leider legte sich Rudi einige Wochen vor dem Start mit einer Schranke an, die die Oberhand behalten sollte. So blieben am Ende nur der Janka und Ch. Beyer für das Alpen-Bikepacking-Abenteuer.

Über die Rally Torino-Nice per se gibt es im WWW bereits viel zu lesen und zu sehen, so dass Ch. Beyer hier gar nicht groß ausholen möchte. Generell ist die Veranstaltung, die stets im September durchgeführt wird, kein Rennen. James Olson bietet den Fahrern an einigen Stellen je zwei Varianten, nämlich eine normale, fahrbare Variante und eine „rough stuff“-Variante, die sich durch zahlreiche Hike a Bike-Abschnitte auszeichnet. Mit der ersten Vorannahme, der Janka geht ungern zu Fuß, war schnell klar, dass Ch. Beyer und der Janka die fahrbaren Varianten wählen würden. Mit der zweiten Vorannahme, der Janka isst ungern beim Velofahren, schien die komplette 700 km lange und 18 000 hm messende Route nicht in einem Rutsch zu bewältigen. Und da manchmal weniger mehr ist, einigten sich der Janka und Ch. Beyer darauf, die Route zu Zweidrittel zu fahren und in Demonte bei Cuneo auszusteigen, um den anderen Teil zu einen späteren Zeitpunkt zu bewältigen. Da die beiden außerhalb des offiziellen Events im September unterwegs waren, mussten sie ohnehin nicht auf einen „Finisher-Geist“ Rücksicht nehmen. 

Ja, und was soll Ch. Beyer schreiben: Es war grandios! Die Route wird nicht umsonst im WWW gehypt: Colle del Colombardo, Colle della Finestre, die Assietta-Gruppe, Izoard, Agnel, Sampeyre, Strada cannoni, Strada gardetta – war das schön! Kleine Straßen, Flurbereinigungswege, Forstwege bis auf über 2500 m über den Meerespiegel. Kaum Verkehr, lediglich verrückte Velofahrer, Motorradfahrer und eine Handvoll Jeeps. Für Ch. Beyer steht fest, dass eine der schönsten Routen ist, die er bislang geradelt ist. Ferner hoffte er, dass er nicht zum letzten Mal auf diesen Wegen unterwegs war – die Göttergattin muss nur bergab noch ein wenig sicherer werden…

Und auch über die grandiose Landschaft hinaus, bot auch dieses Bikepacking-Abenteuer wieder einmal unvergessliche Erlebnisse: In dem kleinen Dorf Meana die Susa am Fuße des Colle della Finestre telefonierte ein Kellner das halbe Dorf ab, um für die beiden Velofahrer eine Unterkunft zu finden, die sich aber dann doch, nachdem sie die Karte nochmals genauer studiert hatten, für ein freies Camping 100 Höhenmeter über dem Dorf entschieden. Das Zelt war übrigens gerade rechtzeitig aufgebaut, bevor ein Gewitter mit Starkregen über die beiden Velofahrer hinweg zog: Und wie das so schön auf dem Zeltdach trommelte!

Drei Eier mit Schinken und ein großes Stück Kuchen am Refugio Alpe Pinta: Ch. Beyer brachte den Janka zwar nicht zum Schieben, aber zumindest zum Essen. Die gute italienische Küche half da natürlich mit. Die eingepackten drei Kilogramm Sportgels nahm der Janka aber zum großen Teil wieder mit nach Hause. Kein Wunder! Ch. Beyer glaubt eh, dass das in den Sondermüll gehört. 

Der beste Bäcker, der Au bo vieu Lavien, fand sich im schönen Briancon. Ch. Beyer kann berichten, dass er leider erst um 6:30 Uhr in der Früh aufmacht. Die hübschesten Bedienungen und zugleich die Chefinnen des Cafés il fifo rosso fanden sich im in Cesana Torinese. Das beste Camping mit den nettesten Nachbarn, allesamt Dauercamper, namens Val Varaita gab es in Sampeyre. Das beste Essen bot das unscheinbares Lokal Pizzaria rustica del 900 in Demonte, auch wenn die Qualitätskriterien sofort zu erkennen waren: Das ganze Dorf kam zum Essen und der Koch war so breit, dass er kaum mehr durch die Tür passte. Lieber Leser, Sie merken, Ch. Beyer wird in diesem Abschnitt hier sehr spezifisch, damit Sie die Tour möglichst gut nachfahren können.

Skurril war übrigens ein altes Ehepaar in einem Lokal in Macra. Ch. Beyer wurde das Gefühl nicht los, dass die zwei Senioren mit den drei Gästen, also der Janka, Ch. Beyer und ein Italiener, überfordert waren und eigentlich am Liebsten keine Gäste gehabt hätten. Auch das gibt es wohl in Italien! Im Gegenzug dazu war das junge Pärchen, das das Refugio und Restaurant Lou Lindal in dem Miniort Preit führte, dermaßen nett, dass sich der Janka und Ch. Beyer am Liebsten gleich einquartiert hätten – hätten sie nicht eine Mission gehabt. 

Auf einem Bikepacking-Abenteuer geht üblicherweise immer etwas schief, jedoch bedarf es nur der richtigen Interpretation der Umstände: Der Janka fand die Reisezahnbürste fürs Leben, nachdem er nebst des Ladekabels für die AppleWatch auch seine Zahnbürste hatte liegen lassen. Das Kettenschloss, das er ebenfalls vergessen hatte, hatte zum Glück Ch. Beyer mit dabei: In Jankas Radkarriere war es der erste Kettendefekt.

Das größte Hindernis stellte wieder einmal mehr die Bahn; Dieses Mal wurde das Drama aber nicht von der deutschen, sondern der italienischen Bahn inszeniert. Noch am Vorabend waren Ch. Beyer bei einem Wetterbruch in oben genannte Gaststätte Pizzaria rustica del 900 in Demonte geflüchtet. Nachdem der Regen nachgelassen hatte, entschieden sich die beiden gegen ein warmes Bett im selbiger Gaststätten, sondern brachen gegen halb zehn Uhr abends nochmals auf, um die 25 km bis Cuneo zu radeln. Schließlich wollten die beiden Velofahrer am Folgetag in aller Frühe den Zug von Cuneo zurück nach Turin nehmen, wo das Auto wartete, das sie zurück in die Heimat bringen sollte, wo die Göttergattinnen warteten. Nun schien am Automaten die sicher geglaubte Fahrradmitnahme zu kippen, was die junge Dame am Schalter bestätigte: Schienenersatzverkehr für den heutigen Tag. Morgen würden wieder Züge mit Fahrradmitnahmemöglichkeiten fahren. Irgendwie mussten der Janka und Ch. Beyer aus der Not eine Tugend machen: Kurzum radelten sie die 110 km nach Turin und wurden für das Bundesstraßen-Gefahre zumindest mit dem netten Café SottoSopra in dem Örtchen Vigone belohnt. 

Im Auto auf dem Heimweg, übrigens, fragte sich der Janka, ob er die weitere Strecke bis Nizza nicht auch hätte meistern können. Ch. Beyer denkt, ja klar. Über 400 Kilometer und 12.000 Höhenmeter hatten die beiden Velofahrer schon zurückgelegt. Nach Nizza wäre es nur noch ein Katzensprung gewesen. 

 

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